Supply Chain Visibility in der Praxis (2024)

Die Ergebnisse zahlreicher Marktstudien aus den letzten Jahren in Supply Chain Management und Logistik ähneln sich in einem Punkt: Transparenz in der Supply Chain - auf Neudeutsch Supply Chain Visibility - ist das Thema, dem die Befragten mit schöner Regelmäßigkeit eine hohe Priorität einräumen.

Das kommt nicht von ungefähr, bringt ein Mehr an Transparenz zahlreiche Vorteile. So lässt sich durch verbesserte Supply Chain Visibility etwa die Servicequalität und damit auch direkt die Kundenzufriedenheit steigern. Gleichzeitig reduzieren sich die Folgen von Störungen und damit indirekt die Kosten für Transporte und Handling.

Vorteil Supply Chain Visibility

„Transparenz ist für uns ein sehr wichtiges Thema. Wir geben unseren Kunden das Versprechen, innerhalb von 24 Stunden nach Auftragseingang zu liefern. Kommt es zu Verspätungen, wird es schwierig, dieses Versprecheneinzuhalten“, sagt Stefan Gailus, Manager Warehousingbei der Tetra GmbH.

Der Vollsortiment-Anbieter im Bereich Aquaristik macht Track and Trace für Pakete und Stückgüter. Damit kann erauf eventuelle Probleme reagieren und rechtzeitig informieren. „Da wir in vielen Verträgen bei Verspätungen Konventionalstrafen vereinbart haben, hilft uns Transparenz damit auch, Kosten zu senken“, so Gailus.

Für Track and Trace und mehr: Nachholbedarf noch vorhanden

Trotz vielfältiger Vorteile durch ein Mehr an Supply Chain Visibility: In der Praxis gibt es oft noch eine Diskrepanz zwischen der Bedeutung, die die Unternehmen dem Thema einräumen, und der tatsächlichen Realisierung von Supply Chain Visibility-Projekten.

Laut einer Befragung des Beratungsunternehmens Supply Chain Insights vom März 2014 ist beispielsweise für 96 % der Befragten Supply Chain Visibility im Transportbereich wichtig. Doch nur 53 % schätzen ihre Performance hier als gut ein. Oftmals ist wohl nicht einmal ein leistungsfähiges Track and Trace vorhanden.

Nach wie vor kompensieren viele Unternehmen fehlende Supply Chain Visibility. Etwa durch hohe Sicherheitsbestände, Wechsel des Verkehrsträgers, Sonderfahrten und Überstunden. Das führt zu beachtlichen Mehrkosten.

Hürden für Supply Chain Visibility

Doch woran liegt es, dass die Unternehmen bei dem Thema nicht gut aufgestellt sind? „Die Gründe hierfür sind mehrdimensional“, erklärt Prof. Dr. Michael Henke vom Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik. „Denn die Informationen, um die Transparenz in der Lieferkette zu erhöhen, sind in einer Vielzahl vorhanden. Die Herausforderung ist: Inwieweit sind diese auch austauschbar, standardisierbar und interpretierbar?“

Einerseits unterscheiden sich der Informationsbedarf und die Interpretation einzelner Dateninhalte je nach Supply-Chain-Partner erheblich. So hatetwa der abwickelnde Seefrachtspediteur einen anderen Blick auf eine Lieferung als der empfangende Transportdienstleister im zentralen Hub. Letzterer muss z. B. ein zeit- und ressourcenoptimiertes Cross-Docking vorbereiten.

Heterogene Infos in den Systemen

Andererseits: So unterschiedlich wie der Informationsbedarf sind auch die Datenstandards, der Datenumfang und die angewandte Semantik derSCM Software, die sich bei den verschiedenen Parteien im Einsatz befinden.

Eine ebenfalls hohe Hürde auf dem Weg zu mehr Supply Chain Visibility: Die Beteiligten in der Lieferkette müssen ihre Informationen weitergeben. Das fängt beim chinesischen Zulieferer an. Dieser muss rechtzeitig Bescheid geben, wenn ein Container das Schiff verpasst. Das gilt für den Gabelstaplerfahrer, dem ein Packstück herunterfällt. Und auch für den Lkw-Fahrer, der informieren muss, wenn er im Stau steht.

Supply Chain Visibility bedarf Aufklärungsarbeit

„Die Schwierigkeit bei diesem Thema ist, dass sich Lieferanten und Kunden häufig nicht darüber einigen können oder ihre Daten nicht einfach weiterreichen wollen – wegen unterschiedlicher ERP-Systeme und eventuell aus Angst, die Daten werden nicht sensibel behandelt“, sagt Christian Averbeck, Logistikleiter bei der Athmer oHG, einem Spezialisten für Türdichtungen.

Das Unternehmen praktiziert eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit seinen Geschäftspartnern. So ist es bestrebt, zum Beispiel Bestelldaten oder Meldebestände rechtzeitig zu erhalten, um die Nachschubsteuerung etwa im Lieferanten-Kanban oder bei der Auftragsfertigung abzubilden. „Hier bedarf es noch viel Aufklärungsarbeit und technische Unterstützung und der Blick über den Tellerrand zu den positiven Beispielen unter anderem in der Automotive-Industrie“, so Averbeck.

SCM Erfolgsrezepte: Vertrauen und IT

Die Bereitschaft der Partner und Mitarbeiter ist also ein entscheidender Faktor. Alle an der Lieferkette Beteiligten müssen in die Supply-Chain-Visibility-Bemühungen eingebunden werden, um eine durchgängige Transparenz zu erreichen. Langfristig kann hier nur ein kollaborativer Ansatz erfolgreich sein. Druck oder Sanktionen greifen zu kurz. Wichtig ist, allen Beteiligten den Nutzen und Mehrwert aufzuzeigen und Vertrauen zu schaffen.

Auf der technologischen Seite sind die Systeme für eine durchgängige Supply Chain Visibility heute bereits vorhanden. Mittlerweile bieten viele IT-Unternehmen ausgereifteSCM Software mit vielseitigen Funktionalitäten an, die in der Regel als Plattformlösung aufgebaut ist. Deren Aufgabe ist es, alle Ressourcen, Kapazitäten, Bestände und Prozesse in der Supply Chain abzubilden und den schnellen Informationsaustausch zwischen den Partnern zu erleichtern.

Die richtigen Daten in die richtige Software

Der Informationsaustausch zwischen den Partnern erfordert nicht zuletzt die Datenübernahme aus den unterschiedlichsten Quellen und Formaten. Zudem ist eine durchgängige Verknüpfung über mehrere Stufen für alle relevanten Geschäftsvorfälle notwendig.

Letztere umfassen Datenobjekte wie Bestandsdaten, Auftrags- und Bestelldaten, Plandaten aus Absatz und Produktion und aus dem physischen Materialfluss etwa durch Ladungsträger, Sendungen sowie Beförderungsmittel. Eine Herausforderung hierbei: Es müssen Datenstandards geschaffen werden, die den Informationsaustausch mithilfe von SCM Software effizient ermöglichen.

Für den Informationsaustausch beispielsweise beim Track and Trace ebenfalls wichtig: Die Definition von Events, die den Prozessfortschritt oder jede Zustandsänderung in der Supply Chain dokumentieren. Ausgeklügelte Alerting-Systeme sind dabei für Meldungen und weitere Aktionen verantwortlich, wenn Abweichungen über einen definierten Toleranzrahmen hinaus auftreten.

Software für Transparenz! Aber wie starten?

Einige Unternehmen setzen bereits SCM Software in Sachen Supply Chain Visibility ein. Aber noch immer gibt es „Visibility-Blind-Spots entlang der Inbound- und Outbound-Supply Chain“, so Bob Heaney. Laut eines Reports des Aberdeen-Analysten klaffen die größten Lücken beim Track and Trace entlang der Inbound-Lieferkette.

So überwachen deutlich weniger als die Hälfte der Befragten Unternehmen auch die Vorgänge ihrer Lieferanten. Heaney ermittelt auf der Seite der Lieferanten drei Schwachstellen bei folgenden Supply-Chain-Meilensteinen:

  • bei Ankunft des Rohmaterials,
  • bei Events im Produktionsprozess und
  • bei projektierten Produktionsplänen.

SCM Software hilft vor allem beim Outbound

Besser sieht es dagegen auf der Outbound-Seite der Supply Chain aus. Den Zustellnachweis an den Kunden beim Track and Trace überwachen laut der Umfrage beispielsweise rund 90 % der Unternehmen, davon etwa die Hälfte automatisiert mittels SCM Software. Ähnlich gut kontrollieren die Befragten auch die Warenabholung durch die Transportdienstleister sowie Events im eigenen Lager.

Wie also sollten Unternehmen auf ihrem Weg zu mehr Supply-Chain-Transparenz starten? Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist – wie bei nahezu jedem komplexeren Vorhaben – ein gutes Projektmanagement. Und natürlich spielen allgemeine Projektmanagement-Erfolgsfaktoren eine wichtige Rolle.

Zum Beispiel die Unterstützung durch das Top-Management, eine gute Organisationsstruktur und eine klare Ziel- und Auftragsformulierung. Hilfreich ist es dazu, sich über den grundsätzlichen Informationsbedarf im Klaren zu sein.

Supply Chain Visibility: Mehr als Software - und mehr als Track and Trace

Supply Chain Visibility-Projekte berühren zahlreiche Bereiche innerhalb eines Unternehmens – und natürlich auch externe Partner. Sie müssen folglich mit vielen Beteiligten abgestimmt werden. Eine gute Planung erspart im Projektverlauf unliebsame Überraschungen.

Es muss also bereits in der Planungsphase ab und zu die „eigene Brille“ abgesetzt und die Frage gestellt werden: Welche Auswirkungen hat die Einführung der neuen Lösung auf andere Bereiche des Unternehmens und auf die weiteren Beteiligten in der Supply Chain?

Und eine Weisheit, die ebenfalls zutrifft: Projekte, die alles auf einmal wollen, erreichen meist nichts. Daher gilt auch beim ThemaSupply-Chain-Transparenz: Groß denken — und dann mit kleinen Schritten starten. Ganz konkret beispielsweise, indem man sich mit den essenziellen Fragen auseinandersetzt. Diese sollte sich jedes Unternehmen zu Beginn eines Supply-Chain-Visibility-Projekts stellen.

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